Was ist eine Krise?

Was ist eine Krise?

  • Ich kann nicht mehr.
  • Was mach ich jetzt?
  • Ich weiß nicht mehr weiter.
  • Es ist alles zu viel.
  • Ich bin allein.

 

Eine Krise zu beschreiben, ist schwierig.
Für jemanden, der gerade eine Krise durchmacht oder hinter sich hat, klingen die meisten Beschreibungen oder Definitionsversuche viel zu harmlos.

Eine Krise kann plötzlich ausgelöst werden.
Durch Unfälle, eine Diagnose, einen Verlust.
Oder sie entwickelt sich.
Wenn wir langanhaltenden Stress ausgesetzt sind, zum Beispiel in der Arbeit, in einer unglücklichen Beziehung, oder uns immer wieder belastende Stresssituationen überrollen und wir zu wenig Erholungsphasen haben, kann eine Krise entstehen.

Das Blöde bei Krisen: wenn wir nichts gegen sie tun, können sie chronisch werden.
Irgendwo in uns werden sie dann abgespeichert und kommen irgendwann wieder hoch.
Das führt zum Beispiel zu Depressionen, Angstzuständen, Schlafstörungen.
Oder eine scheinbar harmlose Sache im Leben wirft uns völlig aus der Bahn.

Am allerwichtigsten ist – und das kann nicht oft genug betont werden:
Eine Krise ist immer individuell.
Das heißt, der Auslöser für eine Krise bedeutet für zwei unterschiedliche Menschen etwas anderes.
Anders gesagt: Was den einen in eine Krise führt, kann für die andere kein Problem sein.

Es gibt verschiedene Arten einer Krise:

Lebensveränderungskrisen sind zum Beispiel Schwangerschaft, Hochzeit, Umzug, Pensionierung, Ausbildungsabschluss- oder beginn.
Verlustkrisen entstehen während eines Trauerprozesses (ein Trauerprozess kann manchmal Jahre dauern, eine Krise ist zeitlich kürzer) nach Tod oder Trennung.
Traumatische Krisen nach Unfällen, Missbrauch, Naturkatastrophen.

Eine Krise kann also durch plötzliche Ereignisse ausgelöst werden. Oder sie entwickelt sich nach und nach.
In beiden Fällen sind wir mit Umständen konfrontiert, die wir nicht bewältigen können.
Wir sind überfordert und alle möglichen Versuche, die Situation zu verbessern, funktionieren nicht.

Das führt zu unterschiedlichen Symptomen:

Psychische Symptome:
innere Unruhe, Nervosität, Gedanken drehen sich im Kreis, Angst und Panik, Hilfslosigkeit. Wir fühlen uns labil und kurz vor einem Zusammenbruch, Konzentrationsprobleme, wir beginnen etwas und vergessen es zu beenden. Es können keine Entscheidungen getroffen werden. Verwirrtheit, Aggressivität, Sorgen, Resignation.

Körperliche Symptome:
Schlaflosigkeit, Müdigkeit, anhaltende Kopfschmerzen, Schwindel, Magen-Darm-Beschwerden, Herzrasen, Zittern, starkes Schwitzen, Appetitlosigkeit, Essattacken, Atemnot, Weinattacken, schwaches Immunsystem.

Soziale Symptome:
Rückzug von Freunden und Familie, das Gefühl nicht verstanden zu werden und die anderen nicht zu verstehen, Hobbys werden vernachlässigt oder aufgegeben.

Nicht jeder Mensch, der besorgt, müde, nervös ist oder Kopfschmerzen hat, steckt in einer Krise.
Es müssen auch nicht alle Symptome gleichzeitig auftreten.
Es ist wichtig hinzuschauen und zu verstehen, was los ist.
Wenn ein oder mehrere Symptome länger da sind, sollte auf jeden Fall Hilfe in Anspruch genommen werden, damit nicht alles noch schlimmer wird.

Ein klassischer Krisenauslöser ist der Jobverlust.
Wir kennen die Kolleg*innen, die Arbeitsabläufe, haben ein geregeltes Einkommen, fühlen uns wohl und haben unsere Routinen. Dann wird unsere Stelle gestrichen.
Das Dienstverhältnis wird aufgelöst. Schock.
Uns wird schlecht, heiß und kalt gleichzeitig, der Mund wird trocken, Wut und Trauer machen sich gleichzeitig breit.
„Was mach ich jetzt?“
Wir fühlen uns verloren und planlos.
Während andere Dinge sagen, wie „nutze die Chance“, „du bist frei“ oder „dir liegt die Welt zu Füßen“, sind wir am Verzweifeln und fallen in ein Loch.
Wir würden das Ganze auch gerne lockerer nehmen, einfach eine andere Arbeitsstelle suchen und positiv in die Zukunft schauen. Aber wir schaffen es nicht.
Stattdessen können wir nicht mehr schlafen, haben Selbstzweifel, Angst wie es weiter gehen wird.
Wir merken, dass alle gut gemeinten Worte und Ratschläge von Freunden und Familie nicht helfen und haben dann auch keine Lust mehr darüber zu reden. Wir ziehen uns zurück. Irgendwie führt kein Weg mehr hinaus. Uns geht es immer schlechter.

Ein anderes Beispiel ist die Hochzeit.
Lange davon geträumt, endlich passiert es – der schönste Tag im Leben. Und trotzdem stellt sich das Gefühl von Freude, Losgelassenheit, Erleichterung und was man sich sonst noch alles für tolle Gefühle vorstellt, wenn ein Traum in Erfüllung gegangen ist, nicht ein. Stattdessen fühlt man sich leer, ist irgendwie weinerlich und weiß nicht was los ist. Ärger und Frust kommen noch dazu, weil andere die geheiratet haben, super happy sind.
Ähnlich geht es manchen Paaren nach dem Zusammenziehen. Oder nach dem Familienzuwachs.
Die Vorfreude ist riesengroß und dann wird es anders als erwartet.
Das Luftschloss zerplatzt.
Das sind typische Beispiele von Veränderungskrisen.

Natürlich kommen noch andere Faktoren dazu. Und auch hier nochmal:
Jede Krise ist individuell.
Krisen sind unterschiedlich intensiv, werden unterschiedlich wahrgenommen und haben unterschiedliche Anzeichen.

Was kann in einer Krise helfen?

  1. Routinen nachgehen oder finden
    Eine Krise wirft uns aus der Bahn. Es hilft, wenn wir unsere Tagesabläufe haben und uns an sie halten oder neue entwickeln.
    Das bringt Stabilität.
    Wenn es möglich ist.
  2. Positives wahrnehmen 
    Auch wenn es Kleinigkeiten sind, ist es gut, wenn wir uns die schönen Dinge um uns herum bewusst machen.
    Das kann das Lachen eines geliebten Menschen sein, die Anwesenheit eines Haustieres, ein guter Geruch.
    Wenn es möglich ist.
  3. Sich etwas Gutes tun 
    Wir haben in einer Krise oft eine Art Tunnelblick und sehen nur das Schlechte und zweifeln an uns selbst.
    Wenn wir es schaffen uns zwischendurch selbst etwas Gutes zu tun, kann das helfen uns kurz aus dem Tunnel auszusteigen.
    Zum Beispiel Sport, Meditieren, spazieren gehen, Wellness.
    Wenn es möglich ist.
  4. Stärken erkennen
    Eine Krise zieht runter. Wenn wir uns überlegen, was wir in unseren Leben bis jetzt erreicht haben, welche Krisen wir schon bewältigt haben, wird uns bewusst, wie stark wir eigentlich sind.
    Wenn es möglich ist.
  5. Nicht verkriechen 
    In einer Krise ziehen wir uns oft zurück. Es tut gut, weiterhin Kontakt zu haben, mit anderen zu reden.
    Das hilft beim Verarbeiten.
    Wenn es möglich ist.

Der Zusatz „wenn es möglich ist“, macht deutlich, dass es jedem Menschen in einer Krise anders geht.
Den einen hilft es, für die anderen ist es eine Überforderung.
Für manche ist es schon eine Herausforderung, in der Früh aufzustehen. Da bringt es wenig mit „Sport und Meditieren helfen“ oder „unternimm etwas mit der Familie“ zu sagen.

Besonders wichtig ist: Zeit geben.
Eine Krise zu überstehen, braucht Zeit. Sich unter Druck zu setzen und sich zu ärgern, macht es nur schlimmer.

Wie merken wir, dass wir in einer Krise stecken?
Entweder wir werden mit einem Krisenauslöser plötzlich konfrontiert (Verlust-/ Traumakrisen).
Da ist es immer ratsam, sich begleiten zu lassen.
Bei Veränderungen ist es nicht immer gleich offensichtlich, dass eine Krise entsteht.
Wenn wir merken, dass wir uns verändern – körperlich und/oder geistig, wenn uns auffällt, dass etwas nicht stimmt, dann sollten wir uns Unterstützung nehmen. Am besten so schnell wie möglich.

So schlimm eine Krise ist, wir können so viel aus ihr lernen.
Wir lernen uns durch eine Krise selbst ein Stück mehr kennen.
Es kann sein, dass wir Neues an uns oder anderen entdecken, von dem wir profitieren.
Wir können lernen, etwas oder jemanden, zu verabschieden.

Aus einer Krise herauszukommen, kostet viel Kraft. Und diese Kraft nehmen wir mit.
Wir werden stärker, wissen was wir wollen und was nicht. Wissen wieder mehr, was oder wer uns guttut und was nicht.
Wir werden für die nächsten Herausforderungen gestärkt.
Das nächste Ereignis, das eine potenzielle Krise auslösen könnte, können wir besser nehmen und wird uns wahrscheinlich nicht mehr in eine Krise ziehen.
Und wenn, ist die Krise wahrscheinlich weniger intensiv und wir schaffen es schneller wieder hinaus.

 

 

Akute Hilfe:

Kriseninterventionszentrum Wien: 01 4069595

Österreichische Telefonseelsorge: 142 (Notruf)

Rat auf Draht: 147 (für Kinder, Jugendliche und Angehörige)

Sozialpsychiatrischer Notdienst Wien: 01 31 33 0

Krisentelefon Deutschland: 0800 / 11 10 111

Krisentelefon Schweiz: 143

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